Mai 11, 2019: Parlamentswahlen in Südafrika ausgezählt
Erst am Abend des 11. Mai erfolgte die offizielle Bekanntgabe der Ergebnisse der Wahlen zum nationalen Parlament wie zu den parlamentarischen Vertretungen auf Provinzebene am 8. Mai durch die Independent Electoral Commission. Demnach konnte auf nationaler Ebene der African National Congress (ANC) mit 57,51% der abgegebenen gültigen Stimmen seine absolute Mehrheit halten. An zweiter Stelle folgt wie bisher die Democratic Alliance (DA) mit 20,77%, gefolgt von den Economic Freedom Fighters (EFF) mit 10,79%.
Damit hat der seit 1994 regierende ANC zwar sein niedrigstes Ergebnis bei Parlamentswahlen in Südafrika erzielt und gegenüber 2014 gut 4,6 Prozentpunkte verloren. Im Vergleich zu den Kommunalwahlen von 2016 hat sich die Partei jedoch um fast zwei Prozentpunkte verbessert – offenbar ein Effekt der „Ramaphoria“, also der von vielen Seiten anerkannten Performance des seit Anfang 2018 im Amt befindlichen Präsidenten Cyril Ramaphosa.
Im neuen National Council, der ersten Parlamentskammer, wird der ANC voraussichtlich mit 231 von 400 Mandaten (minus 18 gegenüber 2014) vertreten sein. Die DA folgt mit 83 Sitzen (minus 6), und an dritten Stelle liegen die EEF mit 43 (plus 18) Mandatar/inn/en. Einen Zuwachs von vier Parlamentssitzen verzeichnet die Inkatha Freedom Party mit 43. Überraschend gut schnitt auch die rechtsesxtreme Vryheids Front plus mit 10 Mandaten ab, was einen Zuwachs von 6 gegenüber den Wahlen 2014 darstellt. Während EEF und IFP offenbar von der Unzufriedenheit mit dem ANC profitieren konnten, schwenkten unzufriedene Weiße wohl zur VF+ um.
Auf der Provinzebene konnte der ANC die umstrittene Provinz Gauteng mit 50,1% äußerst knapp halten, gefolgt von der DA mit 27,5%. Damit entfällt die Notwendigkeit, eine Koalition zu bilden, was angesichts der Erfahrungen auf lokaler Ebene seit 2016 vermutlich zu hoher Instabilität geführt hätte.
Die übrigen Provinzen gingen wie bisher klar an den ANC bzw. – im Fall der Western Cape Province – an die DA.
Angesichts des relativ moderaten Abschneidens der Democratic Alliance (Verlust von fast eineinhalb Prozentpunkten gegenüber 2014) sprechen Kommentatoren von einem deutlichen Votum gegen neoliberale Politik und für die sozialstaatlichen Konzepte des ANC bzw. die noch weitergehenden gesellschaftspolitischen Vorstellungen der EFF, die ihr Potential um fast viereinhalb Prozentpunkte steigern konnten. Allerdings spricht z. B. die wichtige Wochenzeitung „Mail&Guardian“ davon, die Wahl 2019 sei die „letzte Chance“ für den ANC gewesen.
Zwar ist der durch die jahrelang anhaltende Korruption im großem Maßstab („state capture“) schwer belastete ANC dem worst case-scenario des Verlusts der absoluten Mehrheit entgangen – nur der von Ramaphosa im Wahlkampf versprochene Reformprozeß in Partei und Regierung wird freilich einen weiteren Absturz der ehemaligen Befreiungsbewegung bei kommenden Wahlen verhindern können. Ausschlaggebend dafür ist, ob der Präsident seine durch das Wahlergebnis gefestigte Stellung auch parteiintern durchsetzen kann. Die nach der Konstituierung des Parlaments erfolgende Zusammensetzung der Regierung wird ein erster Indikator dafür sein.
Der Wahlprozeß, der generell als frei und fair eingeschätzt wurde, war von etlichen organisatorischen Pannen überschattet (z. B. Mangel an Stimmzetteln in vielen Wahllokalen im Western Cape), sodaß eine Anfechtung der Wahl durch die kleineren Parteien nicht ausgeschlossen werden kann. (SADOCC)