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Zusammenfassung Schwerpunktseminar Informelle Arbeit – in Zimbabwe und Österreich
Bericht über das Seminar am 15. Feb. 2023, Gewerkschaft GPA (Wien)
„Prekäre Arbeit, Prekäres Leben – informelle Beschäftigung im Südlichen Afrika und in Österreich.“
Am 15. Februar 2023 fand das erste Schwerpunktseminar im neuen Jahr statt, das sich mit dem Thema der informellen und prekären Beschäftigung widmete.
Menschenwürdige Arbeit ist eine internationale Agenda
Es gab zwei Impulse, die einerseits die Situation informell Beschäftigter im Südlichen Afrika und andererseits die prekäre Situation undokumentiert Arbeitender in Österreich abbildeten. Ziel des Schwerpunktseminars war es nämlich, zu zeigen, dass ‘Informalität’ als Phänomen überall auf der Welt auftreten kann, auch wenn es im Schatten der Aufmerksamkeit liegt. So betonte auch Manuel Stolz (Abteilung Internationales der Gewerkschaft GPA), in der Eröffnung des Seminars, dass sich auch in Österreich vermehrt die Tendenz zeigt, dass informelle Arbeit zunimmt. Er plädiert überdies dafür, dass man sich auf internationale Ebene für bessere Regulierungen von Arbeit einsetzen muss. Denn aufgrund von Globalisierung und zunehmender Internationalisierung von (Arbeits-)Märkten seien prekäre Arbeitsbedingungen nicht mehr nur Ländersache.
Die Situation informell Beschäftigter in Zimbabwe
Zur thematischen Einstimmung wurde gleich zu Beginn ein Video einer Vereinigung informell Beschäftigter in Zimbabwe gezeigt (Zimbabwe Chamber of Informal Economy Association), welche sich gebildet hat, um die Unsicherheiten, die mit informeller Arbeit einhergehen, abzudämpfen. Damit sollte gleich zu Anfang deutlich gemacht werden, dass informell Arbeitende im südlichen Afrika durchaus eigenmächtig Strukturen und Strategien schaffen, die für Absicherung und Regulierung sorgen. Anschließend übernahm Dr. Barbara Rohregger, Expertin für Soziale Absicherungspolitiken im globalen Süden, das Wort und veranschaulichte den Aspekt der informellen Arbeit anhand konkreter Beispiele in Zimbabwe. Dazu ging sie zunächst auf die Frage ein, was informelle Arbeit generell ausmache. Informelle Arbeit sei sehr heterogen und gerade für Zimbabwe gelte die Annahme `informal is normal`.
Diese Normalität von Informalität zeigt sich in der Beschäftigungsquote. Mittlerweile sind 80% aller arbeitenden Personen in Zimbabwe im informellen Bereich tätig. Dies weist darauf hin, dass Informelles Arbeiten kein kriminelles Handeln ist, sondern lediglich eine Reaktion auf die zunehmenden Arbeitsplatzverluste in Zimbabwe. Im Gegenteil, die informelle ist eng mit der formellen Wirtschaft verknüpft. Jugendliche und junge Erwachsene beispielsweise haben keinerlei Chance auf eine formelle Beschäftigung, wenn sie nicht schon Arbeitserfahrung im informellen Sektor vorweisen können. Somit sei die informelle Wirtschaft oftmals die einzige Möglichkeit für den Einstieg ins Arbeitsleben.
Ein besonderes Augenmerk legte Rohregger auf die Risiken, die mit der informellen Arbeit verbunden sind. Besonders arbeitsrechtliche Maßnahmen würden im informellen Wirtschaften fehlen. Vor allem die Frage nach der sozialen Sicherung von Menschen, die durch staatlich regulierte Absicherungssysteme fallen, war ein weiterer Schwerpunkt im ersten Teil des Seminars: Wie könne die informelle Wirtschaft in die soziale Sicherung eingebunden werden? Einen Lösungsansatz diesbezüglich sieht Rohregger in der Gründung verschiedener Solidaritätsfonds. In diesem Zusammenhang stellt die Politologin zum Ende ihres Vortrages einige Fallbeispiele vor, die zeigen, dass Initiativen und Organisationen vor Ort bereits Strategien entwickeln, die informell Beschäftigte absichern.
Informalität auch in Österreich?
Der zweite Teil des Seminars beschäftigte sich mit dem Aspekt der informellen Arbeit in Österreich. Klaudia Paiha, Mitgründerin und Vorsitzende von UNDOK war eingeladen, die Arbeit dieser Initiative vorzustellen. UNDOK ist eine Anlaufstelle zur gewerkschaftlichen Unterstützung undokumentierter Arbeitender, die Beratung in Rechtsfragen und hilfreiche Strategien anbietet, um sicherzustellen, dass jeder Mensch das Recht auf menschenwürdige Arbeit realisieren kann, unabhängig von der Beschäftigungsform. Paiha betonte nämlich, dass Arbeitsrechte universelle Geltung haben. Konkret stehe jeder Person, die in Österreich einer Arbeit nachgehe, die gleichen Arbeitsrechte zu. Dies gälte auch dann, wenn Personen keine gültigen Papiere hätten und das Arbeitsverhältnis informell sei. Gerade hier sieht sie große Probleme. Menschen mit einem Aufenthaltsrisiko würden oftmals von ihren Arbeitgeber:innen ausgebeutet. Verschiedene Gesetze, welche dieser Ausbeutung entgegenwirken sollen, würden in der Praxis meistens ihre Wirkung verfehlen.
Immer wieder betonte Paiha, die Problematik bestünde nicht darin Rechte zu haben, sondern diese auch durchzusetzen. Die Betroffenen seien hier oft in schwachen Positionen und hätten keine Alternativen. Auch sie plädiert wiederum für flächendeckendere Gegenmaßnahmen und hebt die Rolle von Gewerkschaften hervor, sich auch für die Interessen jener einzusetzen, die keiner Gewerkschaft angehören. Denn schlechte Arbeitsbedingungen und Machthierarchien zwischen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen im informellen Bereich, würden jegliche Bemühungen für gerechte Arbeitsbedingungen untergraben – auch im formellen Sektor.
Informelles Arbeiten ist die „Lösung“ zu tieferliegenden Problemen
In der abschließenden Diskussion wurde reflektiert, inwieweit die Situation informell Beschäftigter in Österreich und Zimbabwe Gemeinsamkeiten aufweisen. Die Teilnehmenden tauschten sich rege darüber aus und stellten unter anderem fest, dass es auch immer wieder um ein Vertrauen in die Institutionen gehe. Undokumentiert Arbeitende in Österreich beispielsweise würden oft keine Hilfe in Anspruch nehmen, da sie den öffentlichen Institutionen nicht vertrauen würden und Angst vor negativen Konsequenzen hätten. In Zimbabwe beispielsweise würde man ebenso wenig in die öffentlichen Institutionen vertrauen, auch wenn das Problem der Kriminalisierung von Informalität geringer sei als in Österreich. Hier spielten eher Korruption eine Rolle und die Angst vor dem Missmanagement der öffentlichen Hand. Es wurde auch reflektiert, dass informelles Arbeiten nicht die erste Wahl ist, sondern eine Reaktion von Menschen in prekären Situationen, die ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Informalität und die damit einhergehenden Herausforderungen seien damit nicht per se ‘das’ Problem, sondern im Gegenteil bereits ein Lösungsmechanismus von Menschen, die in der formellen Wirtschaft und im sozialen Absicherungssystem keinen Platz finden.
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